Gymnasiale Maturität: allgemeine Studierfähigkeit genauer bestimmen

Bern, 11.04.2012 - Das Eidgenössische Departement des Innern EDI und die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK wollen ab 2014 den Rahmenlehrplan für die gymnasialen Maturitätsschulen mit Bestimmungen zur allgemeinen Studierfähigkeit ergänzen. Als Grundlage für diese Revision lassen sie einen Katalog der Kompetenzen in Erstsprache und Mathematik ermitteln, die für die Aufnahme eines Universitätsstudiums in praktisch allen Studienfächern besonders wichtig sind.

Damit ziehen EDI und EDK die Konsequenzen aus einer Evaluation der gymnasialen Ausbildung (EVAMAR II), die unter anderem den Ausbildungsstand der Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Ausbildung überprüfte. EVAMAR II zeigte neben einer grundsätzlich positiven Beurteilung auch Schwächen der Maturität. Der überwiegende Teil der Schweizer Maturandinnen und Maturanden ist gut gerüstet für ein universitäres Studium. Es gibt aber auch eine Gruppe von Maturandinnen und Maturanden, die in bestimmten Bereichen aus Mathematik und Erstsprache, die für viele Studienrichtungen von grundlegender Bedeutung sind, nur über mangelhaftes oder ungenügendes Wissen und Können verfügt.

Vor diesem Hintergrund geben EDI und EDK grünes Licht für die Durchführung von fünf Teilprojekten. Die EDK hat der Durchführung der Projekte an ihrer Plenarversammlung vom 22. März 2012 zugestimmt.
Gemeinsames Ziel von EDK und EDI ist es, den prüfungsfreien Zugang zur Universität mit gymnasialer Maturität langfristig sicherzustellen. Dieses Ziel hat Eingang gefunden in die Erklärung von EVD/EDI und EDK zu den gemeinsamen bildungspolitischen Zielen für den Bildungsraum Schweiz vom Mai 2011.

Teilprojekt 1: Basale fachliche Studierkompetenzen
Die gymnasiale Maturität steht für die allgemeine Studierfähigkeit. In den Rechtsgrundlagen (Maturitätsanerkennungsreglement MAR / Maturitätsverordnung MAV von 1995) ist diese nur sehr allgemein definiert. Auch der schweizerische Rahmenlehrplan für die Maturitätsschulen konkretisiert sie nur ansatzweise. EDK und EDI wollen diese allgemeine Studierfähigkeit genauer fassen. Sie werden dem Institut für Erziehungswissenschaft (IfE) der Universität Zürich den Auftrag erteilen, diejenigen Kompetenzen in Erstsprache und Mathematik zu ermitteln, die für die Aufnahme eines Studiums in praktisch allen Studienfächern besonders wichtig sind. Alle Gymnasiastinnen und Gymnasiasten sollen diese Kompetenzen während ihrer Ausbildung erwerben. Dazu werden sicherlich Kompetenzen wie eine hohe mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit in der Erstsprache oder das Verstehen von anspruchsvollen auch wissenschaftlich orientierten Texten gehören usw. Diese ,,basalen fachlichen Studierkompetenzen" sind also nicht zu verstehen als umfassende Ziele für ein Fach, sie decken lediglich einen Ausschnitt ab.
EDK und EDI werden auf Basis der Ergebnisse, die Ende 2014 vorliegen, über eine Revision des heutigen Rahmenlehrplans für die Maturitätsschulen befinden. Über den revidierten Rahmenlehrplan und die in der Folge entsprechend angepassten kantonalen Lehrpläne sollen die Kompetenzen in die Schulpraxis einfliessen. Es liegt dann bei den einzelnen Schulen, deren Erreichung sicherzustellen. Eine Veränderung der Bestehensnorm im MAV/MAR ist dagegen nicht vorgesehen, d.h. der Modus, wie der Notendurchschnitt für das Bestehen der Maturitätsprüfung ermittelt wird, wird nicht geändert.
Eine schweizweite Überprüfung der Erreichung dieser Studierkompetenzen ist nicht vorgesehen. Auch die Entwicklung von nationalen Bildungsstandards für einzelne Fächer ist nicht Teil der Vorhaben von EDK und EDI.

Weitere Projekte
Weiter haben sich EDK und EDI für folgende Vorhaben ausgesprochen:
- Die Schulen sollen beim Erarbeiten und Durchführen von gemeinsamen Prüfungen unterstützt werden. Damit wird das ,,Gemeinsame Prüfen", das bereits heute an Schulen stattfindet, als Methode weiter gefördert. Nicht gemeint ist damit, dass von zentraler Stelle einheitliche Prüfungen zur Verfügung gestellt werden.
- Der Austausch zwischen Gymnasien und Hochschulen soll verbessert werden. Was heute bereits verschiedene Kantone kennen, soll auch auf gesamtschweizerischer Ebene aufgebaut werden: eine institutionalisierte Form des Austausches zwischen Gymnasien und Hochschulen. Es ist namentlich für die Nicht-Hochschulkantone wichtig, dass sie sich an einem solchen Kommunikationsprozess auf schweizerischer Ebene beteiligen können.
- Die Studien- und Laufbahnberatung an den Gymnasien soll besser positioniert werden. Dieses Projekt soll dazu beitragen, den Drop-out an den Universitäten von heute 30 Prozent zu vermindern und die Zahl der Studienfachwechsel zu reduzieren.

Dauer der gymnasialen Ausbildung: Fragestellung mit zweiter Priorität
Die heutige Grundlage (MAR/MAV von 1995) erlaubt eine Varianz bei der Dauer des gymnasialen Lehrgangs: Die ,,eigentliche" gymnasiale Ausbildung dauert mindestens vier Jahre. Ein dreijähriger Lehrgang ist möglich, wenn auf der Sekundarstufe I eine gymnasiale Vorbildung erfolgt ist. Die Frage, ob im Hinblick auf eine landesweite Harmonisierung der Ausbildungsdauer an dieser Regelung etwas geändert werden soll, wird von EDI und EDK beurteilt werden, wenn die Ergebnisse aus dem Projekt Basale fachliche Studierkompetenzen vorliegen, also voraussichtlich ab 2015.