Die Universität Basel, die Università della Svizzera italiana, die Universität Zürich und die ETH Zürich wollen gemeinsam einen neuartigen Studiengang in Medizin lancieren. Die Studierenden würden dabei ihren Bachelor an der ETH Zürich und ihren Master an einer der Partneruniversitäten absolvieren.
Vier Partner in der Schweizer Hochschullandschaft haben sich zusammengetan und wollen neue Wege bei der medizinischen Ausbildung einschlagen. Damit wollen sie einen Beitrag zur Ausbildung von mehr Medizinern leisten und reagieren gleichzeitig auf die rasante Entwicklung im medizinischen Umfeld: Neue Therapien und Produkte gewinnen weltweit an Bedeutung. Hinzu kommen Technologien, die das Potential haben, die Diagnose, Prognostik und Therapie zu revolutionieren.
Gemeinsam zu neuen Ufern aufbrechen
Die Partneruniversitäten wollen gemeinsam einen neuartigen und zukunftsträchtigen Medizinstudiengang entwickeln, wobei die ETH Zürich das naturwissenschaftliche und technische Know-how einbringt und die Medizinischen Fakultäten die klinischen Kompetenzen. Konkret plant die ETH Zürich ab Herbst 2017 einen neuen Bachelorstudiengang für 100 Studierende in Medizin anzubieten - in enger Zusammenarbeit mit den Partneruniversitäten, die für die Masterstudiengänge verantwortlich zeichnen. Der erfolgreiche Abschluss dieses Bachelorstudiums soll dafür qualifizieren, anschliessend ein Masterstudium in Medizin an einer der Partneruniversitäten aufnehmen zu können. ETH-Präsident Lino Guzzella meint dazu: «Wir möchten einerseits der rasanten technologischen Entwicklung in der Medizin Rechnung tragen und andererseits zusammen mit unsern Partnern einen konkreten Beitrag leisten, um mehr Ärztinnen und Ärzte auszubilden.»
Auf Interesse ist die Idee bei der Universität Basel gestossen. «Dieser neue Studiengang entspricht vollumfänglich den Bedürfnissen des Standorts Nordwestschweiz mit seiner Life-Science-Industrie», betont Andrea Schenker-Wicki, Rektorin der Universität Basel. Die Università della Svizzera italiana (USI) plant, ab Herbstsemester 2019 einen Masterstudiengang in Medizin an einer neuen Fakultät für Biomedizinische Wissenschaften anzubieten. USI-Präsident Piero Martinoli sagt dazu: «Diese wegbereitende Initiative der Università della Svizzera italiana findet mit dem von der ETH geplanten Bachelorstudiengang einen konkreten und passenden Rahmen. Für den Forschungsplatz und den Wirtschaftsstandort Tessin ist das gemeinsame Vorgehen der ETH und USI von grosser Bedeutung, da wir so eine medizinische Ausbildung ermöglichen können, welche den neusten Entwicklungen in Wissenschaft und Technik angepasst ist.»
Die Universität Zürich möchte sich ebenfalls am neuen Studiengang beteiligen. «Die UZH bietet an ihrer Medizinischen Fakultät bereits jetzt jährlich 300 Studienplätze in Humanmedizin an», sagt Michael Hengartner, Rektor der Universität Zürich. «Mit diesem neuen Studiengang entsteht ein weiterer innovativer und komplementärer Beitrag zur heutigen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten. Gleichzeitig vertiefen wir mit diesem Joint Venture unsere strategische Partnerschaft mit der ETH im Bereich der universitären Medizin und entwickeln eine neue Kooperation auf nationaler Ebene mit der USI und der Universität Basel.» Lino Guzzella meint zudem: «Es ist wichtig, dass wir mit drei Partneruniversitäten diesen neuen Studiengang in Angriff nehmen können. Selbstverständlich sind wir für weitere Partner offen und würden uns freuen, wenn sich noch andere Universitäten beteiligen.»
Pilotprojekt
Der Bachelorstudiengang der ETH Zürich soll für eine Pilotphase von sechs Jahren gemäss den kantonalen und eidgenössischen Richtlinien in der Medizinausbildung konzipiert werden. Die entsprechende Akkreditierung nach Medizinalberufegesetz soll zum gegebenen Zeitpunkt erfolgen. Gleichzeitig soll er dem forschungsorientierten Ausbildungsstandard der ETH Zürich entsprechen. Inhaltlich sind mehrere Schwerpunkte vorgesehen, insbesondere biomedizinische Bildgebung und Engineering, Medizin-Informatik, personalisierte Medizin, molekulare Gesundheitswissenschaften und Genetik. Die ETH Zürich müsste die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen ihres neuen Bachelorstudiengangs mit den Aufnahmekapazitäten der schweizerischen Medizinischen Fakultäten auf Masterstufe abstimmen. Dies erfordert die Möglichkeit einer Zulassungsbeschränkung, die im aktuellen ETH-Gesetz nicht vorgesehen ist. Entsprechend bedarf es einer Anpassung des Zulassungsartikels im ETH-Gesetz.
Nutzen fur die gesamte Schweiz
Sowohl die forschungsorientierte Ausbildung an der ETH als auch die Ausbildung in Medizin sind aufwändig. Die vier Partner und bei entsprechendem Interesse auch weitere Hochschulen, planen Synergien so zu nutzen, dass ein möglichst kostengünstiger Studiengang entsteht.
Mit den zusätzlichen Studienplätzen können schweizweit weitere Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden. Die Partneruniversitäten tragen mit dem neuartigen, komplementären Studiengang in Medizin dazu bei, die Anzahl klinischer Forschender und Medizinerinnen und Mediziner mit Spezialwissen in Naturwissenschaften und Technik zu erhöhen. Ziel ist, neue interdisziplinäre Fachkompetenzen auszubilden, welche direkt für die Primärversorgung und gewisse Spezialisierungen, aber auch für die Versorgungsforschung, wichtig sind. Zudem sollen die Patienten profitieren, indem die Umsetzung von neuen Forschungsergebnissen in die klinische Anwendung gefördert und qualitativ verbessert wird.
Hochschulen planen neuartigen Studiengang in Medizin
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