Mein Institut

David Bollag wirkt seit mehr als zwanzig Jahren als Lehrund Forschungsbeauftragter am Institut für Jüdisch-Christliche Forschung - eine Zeit, in der sich vieles getan hat. Blicke zurück und nach vorne.

Wenn ich «Meine Uni» höre, denke ich sofort an den Herbst 2011. Dann sind auch wir - das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) - ins damals neue Universitätsgebäude beim Bahnhof eingezogen. Es handelte sich für uns um eine bedeutende und sehr angenehme Veränderung. Denn davor waren wir in einem der vielen Standorte der Uni, irgendwo in der Stadt, einquartiert. Und waren da ziemlich allein. Obwohl sich auch andere Teile der Uni im selben Haus befanden, gab es nur minimalen Kontakt. Wir waren auf verschiedenen Stockwerken untergebracht, gehörten unterschiedlichen Fakultäten an und hatten deshalb wenig miteinander zu tun.

Gestärktes Zugehörigkeitsgefühl

Der Umzug ins neue Gebäude hat die Situation sofort total verändert. Wir merkten und erlebten, dass wir Teil einer Fakultät und einer ganzen Uni sind. Alle Büros, die Vorlesungsräume, die Bibliothek, die Mensa und vieles mehr befinden sich seither in unmittelbarer Nähe. In den Monaten nach dem Umzug habe ich immer mehr andere Dozierende und Mitarbeitende vor allem unserer eigenen, aber auch von anderen Fakultäten kennengelernt und geniesse es sehr, auf dem Gang oder anderswo einige Worte mit ihnen austauschen zu können.

Schon vor mehr als fünfzig Jahren hat die - damals bereits existierende - Theologische Fakultät das Fach Judaistik eingeführt. Das Ziel bestand damals zur Hauptsache darin, den Priestern, die sich hier in Ausbildung befanden, Grundkenntnisse über das Judentum zu vermitteln, um die Ursprünge des Christentums besser verstehen zu können. Das IJCF wurde etwa zehn Jahre später gegründet, also ebenfalls viele Jahre vor der Existenz der heutigen Universität. Das Institut war - und ist bis heute - Teil der Theologischen Fakultät. Doch das Institut wurde mit einer anderen, neuen Zielsetzung gegründet. Und zwar, wie der Name ausdrückt, um das andauernde interessante, oft gespannte Verhältnis zwischen dem Judentum und dem Christentum zu untersuchen und um einen Dialog zwischen den Religionen zu ermöglichen. Die Mehrheit der Studierendenschaft am Institut bestand damals aus Theologie-Studierenden, die sich für das Verhältnis und diesen Dialog interessierten.

Es nehmen mehr und mehr Studierende, die weder Theologie noch Judaistik im Hauptoder Nebenfach studieren, an unseren Vorlesungen teil.


Mit der Einführung des Bologna-Systems (der Studienordnung mit Credit Points), der Gründung der Uni Luzern und vor allem auch mit dem erwähnten Umzug ins neue Gebäude kam es zu einer weiteren grossen Veränderung an unserem Institut. So nehmen mehr und mehr Studierende, die weder Theologie noch Judaistik im Hauptoder Nebenfach studieren, an unseren Vorlesungen teil - sei es, weil sie sich für eine spezifische Frage, mit der sich die Judaistik auseinandersetzt, interessieren, oder weil sie die Absicht haben, ihren akademischen Horizont durch eine Vorlesung aus einem ganz anderen Bereich zu erweitern. Zudem hat sich der Schwerpunkt des IJCF unter der langjährigen kompetenten Leitung der im Sommer 2022 emeritierten Professorin Verena Lenzen auch in Richtung Kulturwissenschaften verlagert. Dies mit der Folge, dass unser Institut mittlerweile zusätzlich auch an der Kulturund Sozialwissenschaftlichen Fakultät verankert ist. Entsprechend finden sich heute in unseren Lehrveranstaltungen auch Studierende der Religionswissenschaften, der Philosophie und Geschichte, aber auch solche aus der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.

Das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung hat die Absicht, ein Ort der Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Jüdischen Studien und des jüdisch-christlichen Dialoges zu sein, will aber gleichzeitig allen Interessierten einen Einblick in die Judaistik ermöglichen - in ein geisteswissenschaftliches Fachgebiet, in dem jeder wache Geist viel Neues lernen kann.

David Bollag

Lehrund Forschungsbeauftragter
www.unilu.ch/david-bollag