Sieben Dissertationen schärfen das Profil einer neuen Wissenschaftsdisziplin

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Eine soeben veröffentlichte Publikation zu Islamisch-theologischen Studien beruht auf den Arbeiten eines mehrjährigen Doktoratsprogramms. Mit dieser Pionierarbeit schafft das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg eine Standortbestimmung in der Schweiz.

Der Beheimatungsprozess von Muslim_innen in der Schweiz erfordert eine begleitende akademische Reflexion. Das nun publizierte Diskussionspapier fasst Ergebnisse des Doktoratsprogramms ’Islam und Gesellschaft: Islamisch-theologische Studien’ zusammen. ’Dass sich erstmals sieben Doktorierende einer solchen Reflexion in der Schweiz widmen, ist ein Meilenstein’, hebt der Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG), Amir Dziri, hervor.

Praktische Handlungsfelder und Grundlagenforschung
Die Doktorierenden des SZIG befassen sich in ihrer Forschung intensiv mit gesellschaftlichen Fragen zum Islam in der Schweiz. Die Arbeiten beschäftigen sich zum einen mit praktischen Handlungsfeldern muslimischer Gemeinschaften wie Soziale Arbeit, Spitalseelsorge, religiöse Unterweisung in Moscheen oder Erfahrungen albanischer Muslime.

Zum anderen geht es um Grundlagenforschung in Bezug auf Anthropologie, Koranauslegung wie Umverteilung von Reichtum sowie Islamverständnisse in pluralen Gesellschaften. An vielen Stellen wird deutlich, wie sehr sich der schweizerische Kontext auf Praktiken und Interpretationen von Muslim_innen auswirkt.

An der Schnittstelle von deutschund französischsprachiger Forschungskultur führt das SZIG unterschiedliche Perspektiven zusammen. Allen Beiträgen ist gemeinsam, dass sie Muslim_innen, ihren Lebensrealitäten und Anliegen Ausdruck verleihen. Damit knüpfen sie an ein Bedürfnis muslimischer Gemeinschaften und der Gesellschaft insgesamt an und schaffen einen neuen Raum für wissenschaftlich fundierte Diskussionen.

Islamisch-theologische Studien: interdisziplinäre Verschränkung
Islamisch-theologische Studien bedienen sich unterschiedlicher Methoden, so wie sie auch in anderen Bereichen der Geistes-, Kulturund Sozialwissenschaften genutzt werden. So gelingt es ihnen, auf traditionelles Wissen zurückzugreifen und dennoch in der Absicht einer kontextbezogenen und zukunftsorientierten Interpretation zu forschen.

Ihre inhaltliche Legitimität gewinnen die Islamisch-theologischen Studien aufgrund der Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Beiträge. Die vielfältigen Deutungsangebote möchten argumentativ überzeugen. Das im Doktoratsprogramm entstandene Diskussionspapier erachtet daher einen regelmässigen Austausch sowohl mit den muslimischen Gemeinschaften als auch mit der schweizerischen Gesellschaft als zentral für Islamisch-theologische Studien.

Für eine breite Leserschaft
Die zehnte Publikation in der Reihe SZIG-Papers umfasst neben einem Positionspapier zu Islamisch-theologischen Studien eine Übersicht über das Doktoratsprogramm und die Forschungsprojekte der Doktorierenden. Die Publikation enthält zudem einen Beitrag von Antonio Loprieno. Der heutige Beiratspräsident des SZIG und ehemalige Präsident der Rektorenkonferenz koordinierte vor der SZIG-Gründung die Diskussionen über Islamisch-theologische Studien im Rahmen einer Arbeitsgruppe des Bundes.

Das 2016 gestartete Doktoratsprogramm läuft bis Ende 2021. Es wird von der Stiftung Mercator Schweiz gefördert und ergänzt ein von swissuniversities gefördertes Kooperationsprojekt, in dessen Rahmen das SZIG in Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen Islamisch-theologische Studien in der Schweiz aufbaut. Beim Projekt handelt es sich um einen Beitrag zu einer differenzierten gesellschaftlichen Wahrnehmung von Muslim_innen.