Die Universität Zürich teilt ihr Wissen mit der Öffentlichkeit: Interessierte können im Herbstsemester die Klassiker der Philosophie kennenlernen, den Antisemitismus von heute diskutieren, mehr über die Verflechtung von Asien und Europa erfahren oder mit den Privatdozenten über Verbrechen und Strafe sinnieren. Insgesamt stehen sieben neue Vorlesungsreihen zur Auswahl.
Was haben der Zürcher Marronistand und ein Nudelwagen in Asien gemeinsam? Inwiefern unterscheiden sich die kulturellen Vorstellungen über Liebe und Sex an der Limmat von jenen in Tokio? Antworten auf diese Fragen erhalten Hörerinnen und Hörer in der interdisziplinären Ringvorlesung «Asien und Europa». Die Vorlesungsreihe thematisiert die gegenseitige Beeinflussung und Verflechtung von Asien und Europa in Wirtschaft, Philosophie, Literatur und Kultur.
Ein philosophischer Tour d’Horizon
Namhafte Expertinnen und Experten wie Annemarie Pieper oder Jens Kulenkampff stellen die Klassiker der Philosophie vor. Die Reihe «Einführung in die Geschichte der Philosophie. Von Platon bis Wittgenstein» führt das Publikum von der Antike bis ins 20. Jahrhundert: Den Auftakt machen Aristoteles und Platon, darauf folgt das Mittelalter mit William von Ockham. Descartes, Spinoza, Leibniz, Locke und Hume sind die Vordenker der Neuzeit, gefolgt vom Deutschen Idealismus mit Kant und Hegel. Nietzsche, Frege und Wittgenstein beenden die Reise im 19. und 20. Jahrhundert.
Passend zum internationalen Jahr des Lichts setzt sich die Ringvorlesung der «Zürcher Mediävistik» mit dem Thema «Licht und Dunkel» auseinander. Dabei geht es um das physische Phänomen des Lichts, aber auch seine metaphorischen und symbolischen Verwendungen. Zur Physik des Lichts gehört sein Einsatz in der Architektur zur Nutzbarmachung, Einteilung und Hierarchisierung des Raumes. In literarischen, theologischen und philosophischen Diskursen können Licht und Dunkel auf Gott und den Teufel verweisen. Sie werden mit Wissensund Erkenntnisgewinn in Verbindung gebracht und sind ein wichtiger Bestandteil von literarischen Figuren, wenn es um die Beschreibung der Schönheit, Heiligkeit oder Hautfarbe geht.
Georg Kreis über den Antisemitismus in der Schweiz
Antisemitismus und Rassismus sind nicht nur Themen der Vergangenheit, sondern begegnen uns heute in Europa wie in der Schweiz in unterschiedlichen Formen. Die Ringvorlesung der Gastprofessur Wissenschaft und Judentum der ETH Zürich und der Sigi Feigel-Gastprofessur für Jüdische Studien der Universität Zürich will zu einem kritischen Umgang mit Antisemitismus und Rassismus beitragen. Eine historische und psychologische Klärung soll das Problembewusstsein schärfen. Gleich zu Beginn sinnieren die Hörerinnen und Hörer über die Begriffe «Antijudaismus», «Antisemitismus» und «Antizionismus». Diskutiert werden zudem neue Formen der Judenfeindschaft und der Schweizer Historiker Georg Kreis referiert über den Antisemitismus in der Schweiz.
Filmischer Blick auf das Leiden Christi
Wie das Leiden Christi in aktuellen Aufführungen dargestellt wird, analysiert der Schweizer Autor Lukas Bärfuss in der Vorlesungsreihe
«Leidbilder. Die Passionsgeschichte in der Kultur». Das Leiden Christi als zentrale Erzählung der Evangelien wurde und wird auch heute mit vielfältigen Medien in unzähligen Versionen nacherzählt. Filme, die das Leiden Christi darstellen, sogenannte Passionsfilme, reflektieren zentrale Themen des Lebens. Der filmische Blick auf die Passion dient in der Ringvorlesung als Fenster zur Rezeptionsgeschichte eines bedeutenden kulturellen Phänomens.
Ist Sterben mit Demenz anders? Gibt es den guten Tod? Solche und ähnliche Fragen stehen im Fokus der interdisziplinären Ringvorlesung «Altern, Sterben und Tod». In der Reihe wird etwa das Sterben im Spital thematisiert im Gegensatz zum selbstbestimmten Sterben mit Organisationen wie EXIT. Die Ringvorlesung richtet sich an Personen, die in einem gerontologischen Arbeitsfeld tätig sind oder werden wollen, an Studierende sämtlicher Fächer und an alle, die sich für Altersfragen interessieren.
Verbrechen und Strafe aus unterschiedlicher Warte
Dem Verbrechen und der Strafe folgt die Vorlesungsreihe der Privatdozierenden, Titularprofessorinnen und Titularprofessoren. Aus philosophischer Sicht wird mit Foucault die Frage nach der Legitimität der Strafe gestellt. Eine weitere Vorlesung erhellt die Philosophie der Vergebung als Alternative zur Strafe. Zwei Vorlesungen beleuchten aus historischer Sicht die Todesstrafe in China sowie der kommunistischer Tschechoslowakei. Eine Zürcher Rechtsmedizinerin diskutiert die Frage nach der rechtlich ethischen Verantwortung in der medizinischen Forschung. Und: «Verbrechen und Strafe» - der gleichnamige Roman Dostojewskis wird aus theologischer Perspektive gelesen.