Bäume als Zeugen für die Umweltverschmutzung

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Die Nanopartikel bleiben an den Blättern haften. Aber dringen sie auch in sie ein?

Bäume nehmen winzige Metallpartikel aus der Luft und dem Boden auf und lagern sie im Gewebe ab. Das belegt ein Experiment der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Dies eröffnet Möglichkeiten, Umweltverschmutzung nachzuweisen oder dereinst sogar zu beheben.

Wäre es nicht super, wenn Bäume als stumme Zeugen für die Umweltverschmutzung zum Beispiel durch eine Industrieanlage dienen könnten? Eine Studie der WSL konnte zeigen, dass Bäume winzige Partikel aus Luft und Wasser in ihrem Holz einlagern können. Als Nanopartikel bezeichnet man Teilchen, die mehr als tausendmal dünner sind ein Menschenhaar. Sie können Schadstoffe sein, wenn sie aus giftigen Schwermetallen wie Aluminium oder Blei bestehen, oder industrielle Hilfsmittel, die zum Beispiel in Sonnencremes oder modernen Pestiziden Wirkstoffe transportieren.

Bei Ackerpflanzen ist bereits bekannt, dass sie solche Partikel aus der Umwelt aufnehmen. Ob das auch bei Bäumen so ist, wollte Paula Ballikaya, Doktorandin an der WSL, wissen. «Bisher war nicht klar, ob und wie Nanopartikel in die Blätter eindringen, wie es gasförmige Schadstoffe tun», sagt sie. Nun konnte sie in einem Gewächshaus-Experiment erstmals zeigen, dass intakte Nanopartikel durch die Blätter in andere Teile des Baumes gelangen können. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Tree Physiology veröffentlicht.

Für ihr Experiment haben Ballikaya und ihre KollegInnen im Labor Nanopartikel aus Gold auf junge Rotbuchen und Waldföhren gesprüht. Goldpartikel haben sie deshalb als Modell gewählt, weil sie den Bäumen nicht schaden und im Pflanzengewebe gut nachweisbar sind. Nach zwanzig Tagen waren die Partikel nicht nur in den Blättern, sondern auch im Stamm und in den Wurzeln vorhanden. Der Weg ins Blattgewebe führt wahrscheinlich durch die Spaltöffnungen (Stomata) auf der Blattoberfläche, die der Baum für den Austausch von Gasen mit der Luft benötigt. Von dort verteilen sie sich auf noch unbekannte Weise im ganzen Baum. Gab sie die Nanopartikel zu den Wurzeln, gelangten sie auch bis in den Stamm, jedoch wurden mehr Partikel im Stamm der Bäume mit behandelten Blättern gefunden.

Das Experiment beweist, dass Bäume Nanopartikel, wie sie in ähnlicher Form in Luftund Wasserverschmutzung vorkommen, in ihr Holz aufnehmen. Dort sind sie Jahre später noch nachweisbar. Das nutzt die Jahrring-Chemie, Ballikayas primäres Forschungsgebiet, um Umweltverschmutzung auf das Jahr genau zu bestimmen. «Man kann beispielsweise feststellen, ob eine Industrieanlage zur Verschmutzung der Umgebung beigetragen hat, indem man die chemische Zusammensetzung der Jahrringe analysiert», sagt Ballikaya. «Diese Art von Anwendungen waren eine Motivation für unser Nanopartikel-Experiment.»

Frühere Arbeiten belegen, dass dies tatsächlich funktioniert, wie Ballikaya und ihren Kollegen in einem Übersichtsartikel schreiben. Verschiedene Forschungsgruppen wiesen verschiedene Schadstoffe aus Autoabgasen, Metallraffinerien und Kohleverbrennung in Baumstämmen nach. Sie schlagen deshalb vor, die Jahrring-Chemie auf Umweltbeobachtungsprogramme auszuweiten, die sich mit Belastung durch Nanopartikel befassen. Paolo Cherubini, leitender Wissenschaftler an der WSL und Ballikayas Betreuer, fügt hinzu: "Baumringe könnten uns nicht nur Aufschluss über frühere Werte der Luftverschmutzung geben, sondern auch über vergangene Klimabedingungen oder Ereignisse wie Vulkanausbrüche. Zuerst müssen wir jedoch mehr darüber herausfinden, wie sich Nanopartikel in Bäumen bewegen."

Zukunftsmusik, aber dank der Studie nicht völlig abwegig, ist die Idee, Bäume für die Säuberung von belasteten Böden und verschmutzter Luft einzusetzen. «Schnell wachsende Bäume könnten Schwermetalle aus dem Boden oder der Luft in ihrem Holz einlagern, das dann fachgerecht entsorgt werden kann», sagt Ballikaya. Bis es jedoch so weit ist, müsse sie noch mehr über die Wechselwirkungen zwischen Nanopartikeln und Bäumen herausfinden.