
Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Genf hat ein Quantenmaterial entwickelt, in dem das Raster des von Elektronen bewohnten Raums kontrolliert gekrümmt werden kann.
Die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere im Informations- und Telekommunikationsbereich, stellt Wissenschaftler und die Industrie vor neue Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, ist die Entwicklung neuer Quantenmaterialien - deren Eigenschaften sich durch die Theorien der Quantenphysik erklären lassen - der vielversprechendste Weg. Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Genf und mit Forschern der Universitäten Salerno, Utrecht und Delft hat ein Material entwickelt, in dem die Dynamik der Elektronen durch Krümmung des Raums, in dem sie sich bewegen, gesteuert werden kann. Diese Eigenschaften sind von Interesse für elektronische Geräte der nächsten Generation, insbesondere für die Optoelektronik der Zukunft. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Materials zu finden.Die Telekommunikation der Zukunft setzt neue, extrem leistungsfähige elektronische Geräte voraus. Diese müssen in der Lage sein, elektromagnetische Signale mit noch nie dagewesenen Geschwindigkeiten im Bereich von Pikosekunden zu verarbeiten, was einem Tausendstel einer Milliardstelsekunde entspricht. Mit den heutigen Halbleitermaterialien wie Silizium, das häufig in den elektronischen Bauteilen unserer Telefone, Computer und Spielkonsolen verwendet wird, ist dies nicht denkbar. Um dies zu erreichen, setzen Wissenschaftler und die Industrie auf die Entwicklung neuer Quantenmaterialien.
Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften - insbesondere der kollektiven Reaktionen der Elektronen, aus denen sie bestehen - könnten diese Materialien dazu verwendet werden, informationstragende Signale (z. B. Photonen im Falle der Quantentelekommunikation) in neuen elektronischen Geräten zu erfassen, zu manipulieren und zu übertragen. Darüber hinaus wären sie in der Lage, dies in bisher kaum erforschten elektromagnetischen Frequenzbereichen zu tun, und würden so den Weg für neue Kommunikationssysteme mit sehr hohen Übertragungsraten ebnen.
Ein Warpantrieb
’Eine der faszinierendsten Eigenschaften von Quantenmaterie ist, dass sich Elektronen in ihr in einem gekrümmten Raum bewegen können. Die Kraftfelder, die durch diese Verzerrung des von den Elektronen bewohnten Raums entstehen, erzeugen Dynamiken, die in herkömmlichen Materialien völlig fehlen. Dies ist eine erstaunliche Anwendung des Prinzips der Quantenüberlagerung’, erklärt Andrea Caviglia, ordentlicher Professor an der Abteilung für Physik der Quantenmaterie der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf und letzter Autor der Studie.
Nach einer ersten theoretischen Studie hat das internationale Team, bestehend aus Forscherinnen und Forschern der Universitäten Genf, Salerno, Utrecht und Delft, ein Material entwickelt, bei dem die Krümmung des Raumnetzes kontrollierbar ist. oeEs handelt sich um eine Grenzfläche, die eine extrem dünne Schicht freier Elektronen beherbergt. Sie befindet sich in einem ’’Sandwich’’ zwischen Strontiumtitanat und Lanthanaluminat, zwei isolierenden Oxiden’’, sagt Carmine Ortix, Professor an der Universität Salerno und Koordinator der theoretischen Studie. Diese Kombination führt zu besonderen elektronengeometrischen Konfigurationen.
Ein Atom nach dem anderen
Um dies zu erreichen, verwendete das Forschungsteam ein fortschrittliches System zur Herstellung von Materialien auf atomarer Ebene. Mithilfe von Laserpulsen wurde jede Atomschicht nacheinander gestapelt. Mit dieser Methode konnten wir spezielle Kombinationen von Atomen im Raum erzeugen, die das Verhalten der Materie beeinflussen", erläuterten die Forscher.
Auch wenn die Aussicht auf eine technologische Nutzung noch in weiter Ferne liegt, eröffnet dieses neue Material neue Wege bei der Erforschung der Signalmanipulation mit sehr hohen Datenraten. Die Ergebnisse könnten auch für die Entwicklung neuer Sensoren genutzt werden. Der nächste Schritt für das Forschungsteam wird darin bestehen, genauer zu beobachten, wie das Material auf hohe elektromagnetische Frequenzen reagiert, um die Bandbreite seiner potenziellen Anwendungen genauer zu bestimmen.