Die Zellteilung ist für das Leben unerlässlich. Sie ermöglicht das Wachstum, die Fortpflanzung und das Überleben aller Organismen, von einzelligen Bakterien bis hin zu komplexen mehrzelligen Tieren. Während Tiere und Pilze einen gemeinsamen eukaryotischen Vorfahren teilen, haben sich ihre Zellteilungsmechanismen, insbesondere die Mitose, deutlich unterschiedlich entwickelt, was faszinierende Fragen zur Evolution aufwirft.
Tiere durchlaufen in der Regel eine offene Mitose, bei der die Kernhülle bei der Zellteilung zerfällt, während Pilze eine geschlossene Mitose aufweisen, bei der die Kernhülle intakt bleibt. Die Gründe für die Entwicklung dieser divergierenden Strategien sind noch weitgehend unerforscht, was sie zu einem spannenden Forschungsgebiet für Wissenschaftler macht, die die zugrunde liegenden biologischen Prinzipien verstehen wollen.
In einer aktuellen Studie haben die Gruppe von Omaya Dudin von der EPFL und das Team von Gautam Dey und Yannick Schwab vom EMBL in Heidelberg dieses Phänomen bei Ichtyospora untersucht, einer Gruppe mariner Protisten, die eng mit Tieren und Pilzen verwandt sind. Ein Protist ist ein eukaryotischer Organismus, der weder ein Tier, noch eine Landpflanze oder ein Pilz ist. Omaya Dudin ist Experte für die Lebenszyklen von Ichtyospora. Gautam Dey hingegen beschäftigt sich in seiner Forschungsarbeit mit den Ursprüngen der Evolution der Kernorganisation und der Zellteilung.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf zwei Arten von Ichtyospora: Sphaeroforma arctica und Chromosphaera perkinsii. Die Forschung kombinierte vergleichende Genomik mit fortschrittlichen bildgebenden Verfahren wie der Expansionsmikroskopie und der Volumenelektronenmikroskopie, um zu untersuchen, wie die Lebenszyklen dieser Arten ihre Zellteilungsmuster beeinflusst haben. Es wurde beobachtet, dass S. arctica eine geschlossene Mitose durchlief, die der von Pilzen ähnelte, während C. perkinsii eine offene Mitose vollzog, die der von tierischen Zellen ähnelte.
"Wenn wir die Vielfalt der Organismen untersuchen und ihre Evolution rekonstruieren, können wir uns fragen, ob es universelle Regeln gibt, nach denen diese grundlegenden biologischen Prozesse funktionieren", sagt Gautam Dey.
Die Studie ergab einen klaren Zusammenhang zwischen den Stadien des Lebenszyklus von Ichtyospora und ihren mitotischen Strategien. Arten mit mehrkernigen Stadien, bei denen die Zellen mehrere Kerne aufweisen, neigen zu einer geschlossenen Mitose. Umgekehrt nutzen Arten mit überwiegend mononukleären Stadien, d.h. nur einem Kern pro Zelle, die offene Mitose. Diese Korrelation legt nahe, dass der evolutionäre Weg der Zellteilung bei Tieren und Pilzen von den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Lebenszyklen beeinflusst worden sein könnte.
"Die Entwicklung der Ichtyospora zeigt eine bemerkenswerte Vielfalt", sagt Omaya Dudin. Einerseits weisen mehrere Arten Entwicklungsmuster auf, die denen der frühen Insektenembryonen ähneln, mit mehrkernigen Stadien und synchronisierter Zellularisierung. Andererseits durchläuft C. perkinsii eine Spaltungsteilung und Symmetriebrechung und bildet mehrzellige Kolonien mit unterschiedlichen Zelltypen, die der "kanonischen Vision" der frühen Tierembryonen ähneln. Diese Vielfalt ermöglicht nicht nur ein Verständnis der Ursprünge der Tiere, sondern bietet auch eine faszinierende Möglichkeit für die vergleichende Embryologie außerhalb der Tiere, was an sich schon sehr spannend ist".
Die Ergebnisse legen nahe, dass sich der Teilungsmodus von Tierzellen schon lange vor dem Auftreten der Tiere selbst entwickelt haben könnte. Außerdem scheint die Art der Mitose eng mit dem Lebenszyklus des Organismus verknüpft zu sein, was neue Perspektiven für die Evolution der Zellteilungsmechanismen bei Eukaryoten eröffnet.