Was können wir von mittelgroßen Städten lernen?

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Was können wir von mittelgroßen Städten lernen?
Das Buch "La Suisse de A(rbon) à Z(oug), Portrait en 12 villes", erschienen bei EPFL Press, stellt einen Gegenpol zu den Studien dar, die sich auf die Metropolen konzentrieren. Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler erzählen aus der Sicht von Fachleuten und einfachen Einwohnern von der Stadt, die sie am besten kennen.

Dieses Buch, das vom Laboratoire de sociologie urbaine (Lasur) der EPFL herausgegeben wurde, geht über die üblichen Pfade hinaus. Es bietet eine originelle Interpretation der urbanen Schweiz und steht damit im Gegensatz zu den Studien in diesem Bereich, die sich seit vielen Jahren auf die Metropolen und den Vergleich zwischen Großstädten konzentrieren. Im Jahr 2005 hatte eine Gruppe bekannter Architekten, darunter Jacques Herzog und Pierre de Meuron, das kollektive Standardwerk Die Schweiz, ein urbanes Porträt veröffentlicht, in dem zwischen Metropolregionen und ruhigen Gebieten unterschieden wurde. "Wir haben uns gerade auf diese berühmten ruhigen Gebiete konzentriert, weil sie uns viel zu lehren haben", erklärt Vincent Kaufmann, Direktor des Lasur und Initiator des Projekts. Der Professor hat es sich im Laufe der Jahre zur Gewohnheit gemacht, Feldbesuche in mittelgroßen Städten zu organisieren, in denen die Mitglieder seines Laboratoriums wohnen oder die sie sehr gut kennen. Bei einer dieser Erkundungen in Payerne im Jahr 2018 entstand die Idee für das Buch Die Schweiz von A(rbon) bis Z(oug), Porträt in 12 Städten, das kürzlich im Verlag EPFL Press erschienen ist.

Weniger als 60 000 Einwohnerinnen und Einwohner

Die vier Herausgeberinnen und Herausgeber des Buches, Mitglieder des Lasur, baten Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftler, ein Kapitel über eine Stadt mit weniger als 60 000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu schreiben, in der sie lange Zeit gelebt hatten. Die 12 ausgewählten Orte mussten sich in allen vier Sprachregionen befinden und weit genug von den großen städtischen Zentren wie Zürich oder Genf entfernt sein. Ausgewählt wurden: Arbon, Bellinzona, Biel, La Chaux-de-Fonds, Chiasso, Chur, Martigny, Neuchâtel, Schaffhausen, Sierre, Thun und Zug. Jeder Autor und jede Autorin hatte die Aufgabe, die Meinung des Wissenschaftlers mit dem Empfinden des Bewohners zu vermischen. "Dieser Ansatz ist einzigartig und ermöglicht kontrastreiche Lesarten", stellt Maxime Felder, einer der Herausgeber des Buches, fest. Einige Wissenschaftler teilten ihre Frustrationen in verschiedenen Bereichen des lokalen Lebens, wie z. B. dem Mangel an Krippenplätzen, mit, während andere ihre Herzensstadt lobten. Doch hinter diesen subjektiven Porträts zeichnet sich ein lebendiges und vielfältiges Stadtgefüge ab, das sogar den Begriff der Größe in Frage stellt. Was ist der Unterschied zwischen einer kleinen und einer mittelgroßen Stadt?

Es gibt gemeinsame Dynamiken zwischen ihnen, und vor allem "passiert dort viel und wird viel gespielt", stellt Vincent Kaufmann fest. Diese mittelgroßen Städte sind "Maschinen der sozialen Integration", fügt er hinzu, "wo eine gemeinsame ländliche Kultur und ein starkes lokales Gefüge ein besseres Zusammenleben zwischen Einheimischen und Neuankömmlingen fördern". Auch das Thema Mobilität ist dort sehr präsent, allerdings nicht nur unter dem Aspekt der Pendler. In Chur beispielsweise ist der Unterschied in der Reisegeschwindigkeit, um nach Zürich oder in die Talsohlen zu gelangen, sehr ausgeprägt.

Die urbane Schweiz ist keine große Metropole, sondern ein Geflecht aus kleinen Städten.

Maxime Felder, Co-Direktor des Buches "La Suisse de A(rbon) à Z(oug), Portrait en 12 villes"

Vorteile der staatlichen Dezentralisierung

Diese Städte profitieren auch von der Dezentralisierungspolitik des Bundes. Neuchâtel und sein Bundesamt für Statistik, Siders und seine Fachhochschule: Dies sind Beispiele für Dienstleistungen, die diese Städte wirtschaftlich am Leben erhalten und Menschen von außerhalb anziehen, um dort zu arbeiten. Eine weitere gemeinsame Besonderheit ist die sehr ortsspezifische lokale Identität, sei es im Zusammenhang mit der geografischen Lage wie in Chiasso oder der Verbundenheit mit einem kulturellen Ereignis wie in La Chaux-de-Fonds mit seinem Festival La Plage des Six Pompes.

Indem das Buch diesen Städten, die in der klassischen akademischen Forschung oft nicht vorkommen, Sichtbarkeit verleiht, liefert es neue Schlüssel zum Verständnis. "Die urbane Schweiz ist keine grosse Metropole, sondern ein Gewebe aus kleinen Städten", schliesst Maxime Felder.

Referenzen

"La Suisse de A(rbon) à Z(oug), Portrait en 12 villes", unter der Leitung von Maxime Felder, Renate Albrecher, Vincent Kaufmann und Yves Pedrazzini, EPFL Press, 272 S.