Nicht-invasive Hirnstimulation verbessert das motorische Lernen

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Nicht-invasive Hirnstimulation verbessert das motorische Lernen
Wissenschaftler der EPFL zeigen, dass es möglich ist, mithilfe einer neuen nichtinvasiven Hirnstimulationstechnik die Aktivität tiefer liegender Hirnstrukturen zu verstärken und das motorische Lernen zu verbessern. Ihre Forschung eröffnet neue Wege für die nicht-invasive Behandlung von Hirnleistungsstörungen.

Video: Friedhelm Hummels Labor hat nachgewiesen, dass die nichtinvasive Neuromodulation eines tiefen Hirnareals, des Striatums, das motorische Lernen bei älteren Menschen verbessern kann. Dies ist das erste Mal, dass es beim Menschen gelungen ist, tiefe Hirnstrukturen auf nicht-invasivem Weg gezielt zu erreichen. Credit: Mohesh Mohan Immer mehr neurologische Behandlungen beginnen, auf der Neuromodulation zu basieren. Dabei handelt es sich um eine Technik, bei der durch gezielte elektrische Stimulation oder chemische Wirkstoffe die Aktivität bestimmter neurologischer Bereiche im Gehirn und im Körper insgesamt verändert wird. Die Stimulation des Gehirns für die Neuromodulation ist auch für ein besseres Verständnis seiner Funktionsweise von entscheidender Bedeutung. Durch die direkte Beeinflussung der neuronalen Aktivität und Schaltkreise können Forscherinnen und Forscher die kausalen Beziehungen zwischen Gehirnaktivität und Verhalten untersuchen und die Geheimnisse der Neuroplastizität, des Lernens und des Gedächtnisses bei verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen entschlüsseln.

Die Technologien der nichtinvasiven tiefen Hirnstimulation lassen neue therapeutische Interventionen für neurologische und psychiatrische Störungen wie Schlaganfälle, Demenz und traumatische Hirnverletzungen erwarten. Obwohl die tiefen Hirnstrukturen für die Behandlung dieser Störungen wichtig sind, können sie mit den herkömmlichen Methoden der nichtinvasiven Hirnstimulation nicht erreicht werden, ohne die gesamte darüber liegende Hirnrinde zu beeinträchtigen. Das bedeutet, dass die gezielte Ansprache tiefer Hirnstrukturen zu Interventionszwecken derzeit nur mit invasiven Techniken möglich ist.

Wissenschaftler unter der Leitung von Friedhelm Hummel Hummel, Inhaber des Defitech-Lehrstuhls für klinisches Neuroengineering an der EPFL, haben eine neue Technik namens "transkranielle elektrische Stimulation durch zeitliche Interferenz" (tTIS) für die nichtinvasive Neuromodulation beim Menschen eingesetzt, um auf tiefe Strukturen abzuzielen und das motorische Lernen bei gesunden älteren Menschen zu verbessern. Die Forschungsergebnisse, deren Hauptautoren Maximilian J. Wessel und Elena Beanato sind, werden in Nature Neuroscience veröffentlicht.

Die Wissenschaftler kombinierten Computermodelle, fMRT-Studien und Verhaltensbewertungen, um zum ersten Mal zu zeigen, dass die tTIS spezifisch ein tiefes Hirnareal namens Striatum modulieren kann, das das Verarbeitungszentrum für motorische Kontrolle und Lernen ist. Im Gegensatz zu anderen Techniken der tiefen Neuromodulation konnte die tTIS das Striatum ohne invasive Verfahren erreichen.

"Wir haben uns für das Lernen interessiert, weil es für den kontinuierlichen Erwerb von Fähigkeiten im Laufe des Lebens und für die Erholung nach einer motorischen Behinderung von entscheidender Bedeutung ist", sagen Maximilian J. Wessel und Elena Beanato.

Die Wissenschaftler wandten Bursts von elektrischen Impulsen nach einem bestimmten Muster ("Theta-Salve") an, um die Gehirnaktivität bei menschlichen Probanden zu modulieren. Es wurde gezeigt, dass dieses Muster Veränderungen der neuronalen Erregbarkeit und neuroplastische Eigenschaften induziert, mit einem großen Anwendungspotenzial für die kognitive Verbesserung und die Neurorehabilitation.

Die Theta-Burst-TTIS zeigte eine hohe Aktivität im Striatum und im damit verbundenen motorischen Netzwerk. Gesunde ältere Teilnehmerinnen und Teilnehmer, deren natürliche Lernfähigkeit im Allgemeinen geringer ist als die von jungen Menschen, zeigten einen stärkeren Effekt der Stimulation mit einer ausgeprägteren Verbesserung der motorischen Leistung. Dies deutet darauf hin, dass die SITT insbesondere das Lernen bei Bevölkerungsgruppen mit motorischen Störungen verbessern könnte.

"Dies ist das erste Mal, dass beim Menschen die Möglichkeit nachgewiesen wurde, das Striatum nichtinvasiv und gezielt zu neuromodulieren und das entsprechende Verhalten zu verbessern", sagt Friedhelm Hummel.

Die nicht-invasive Natur der tTIS und ihre Fähigkeit, selektiv tiefe Hirnstrukturen zu modulieren, ohne die darüber liegende Hirnrinde oder andere funktionelle Areale zu beeinflussen, machen sie zu einem interessanten neuen Werkzeug für die neurowissenschaftliche Forschung. Außerdem bildet sie die Grundlage für innovative, nicht-invasive Behandlungsstrategien für Gehirnstörungen, bei denen tiefe striatale Strukturen eine Schlüsselrolle spielen, wie Demenz, Sucht oder Schlaganfall.

Weitere Mitwirkende

Universitätsklinikum Würzburg, Katholische Universität Löwen, ETH Zürich, Zentrum für Neurowissenschaften Zürich, Universität Surrey, Krankenhaus Sitten (Schweiz), Imperial College London, IT’IS-Stiftung, Medizinische Fakultät der Universität Genf, Britisches Institut für Demenzforschung (UK Dementia Research Institute).

Referenzen

Maximilian J. Wessel, Elena Beanato, Traian Popa, Fabienne Windel, Pierre Vassiliadis, Pauline Menoud, Valeriia Beliaeva, Ines R. Violante, Hedjoudje Abderrahmane, Patrycja Dzialecka, Chang-Hyun Park, Pablo Maceira-Elvira, Takuya Morishita, Antonino Cassara, Melanie Steiner, Nir Grossman, Esra Neufeld, Friedhelm C. Hummel. Noninvasive theta burst stimulation of the human striatum enhances striatal activity and motor skill learning. Nature Neuroscience 19 October 2023. DOI: 10.1038/s41593’023 -01457-7.