Neue Instrumente zur Untersuchung des Magnetfelds der Sonne

- EN- DE - FR- IT
Magnetschleifen auf der Sonne (Foto: Nasa)
Magnetschleifen auf der Sonne (Foto: Nasa)

Das Forschungsprojekt Astrophysical Spectropolarimetry unter der Leitung von Renzo Ramelli vom der USI angegliederten Aldo und Cele Daccò Solar Research Institute (IRSOL) wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) bewilligt. Ziel des Projekts ist es, mit modernen Instrumenten und innovativen Beobachtungstechniken die Entwicklung und Struktur des solaren Magnetfelds zu untersuchen, wobei der Schwerpunkt auf der Entstehung von Sonneneruptionen liegt.

Als Partner sind auch Forscher der SUPSI, der FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz) und des KIS (Leibnitz-Institut für Sonnenphysik) an dem Projekt beteiligt.

Renzo Ramelli, worum geht es bei dem Projekt?

Das Forschungsprojekt wird von der IRSOL-Forschungsgruppe für Beobachtungen in Zusammenarbeit mit den beiden anderen Gruppen, die sich mit Theorie und numerischen Simulationen beschäftigen, durchgeführt. Das solare Magnetfeld wird mit Hilfe hochpräziser spektro-polarimetrischer Beobachtungen untersucht, die es ermöglichen, die Struktur des solaren Magnetfelds im Detail zu verfolgen, seine Entwicklung festzustellen und die theoretischen Modelle der Sonnenatmosphäre zu validieren, die in der aktuellen Forschung entwickelt werden.

Dies ermöglicht ein besseres Verständnis der Erscheinungsformen der Sonnenaktivität, wie des elfjährigen Sonnenzyklus, der Flares oder der koronalen Massenauswürfe, bei denen der Magnetismus eine Schlüsselrolle spielt. Die untersuchten Phänomene können zur Bildung von Sonnenstürmen führen, die, wenn sie besonders intensiv sind, erhebliche Auswirkungen auf das Funktionieren unserer Technologien haben können, indem sie den Funkverkehr unterbrechen, exponierte elektronische Geräte beschädigen und Stromausfälle in den Verteilungsnetzen verursachen.

Was sind die Ziele der Studie?

Das Hauptziel der Forschungsarbeiten besteht darin, mit modernen Instrumenten und innovativen Beobachtungstechniken die Entwicklung und Struktur des solaren Magnetfelds auf Skalen zu untersuchen, die der Grenze der räumlichen Auflösungsfähigkeit moderner Sonnenteleskope entsprechen. Auf diese Weise wird es möglich sein, die umstrittene Frage des Sonnendynamos anzugehen, dessen Existenz und Eigenschaften enorme Auswirkungen auf die Sonnen- und Sternphysik haben, wie z. B. den Energietransport und die Energiebilanz der Sonne.

Die Ergebnisse der Studie werden zu einem besseren Verständnis des Sonnenmagnetismus führen und nützliche Erkenntnisse zur Verbesserung der Vorhersage von Sonnenstürmen liefern.

Das erworbene Wissen kann auch in die Forschung im Bereich der stellaren Astrophysik einfließen. Das zu perfektionierende spektropolarimetrische Instrumentarium kann auch in anderen Forschungsbereichen Anwendung finden, z. B. bei der eingehenden Untersuchung von Sonneneruptionen, wobei die jüngsten Verbesserungen des IRSOL-Instrumentariums und die höhere Effizienz des hochpräzisen ZIMPOL-Polarimeters genutzt werden.

Welche Instrumente werden verwendet?

Die spektralpolarimetrischen Beobachtungen werden mit dem Hochpräzisionspolarimeter ZIMPOL durchgeführt, das eine Genauigkeit von 10-5 in gebrochenen Polarisationseinheiten erreichen kann. Die Beobachtungen werden mit dem Gregory-Coudé-Teleskop (GCT) am IRSOL in Locarno und mit Europas größtem Teleskop GREGOR auf Teneriffa durchgeführt, wo die dauerhafte Installation des ZIMPOL-Systems geplant ist. Messungen mit GREGOR sind besonders wichtig, wenn eine hohe räumliche Auflösung eine wesentliche Rolle bei der Beantwortung wissenschaftlicher Fragen spielt. Die Beobachtungen werden auch von einer neuen Beobachtungstechnik profitieren, die auf einer Kombination aus langsamer und schneller Modulation beruht und die gerade am IRSOL im Rahmen des SOLARNET H-2020-Projekts entwickelt und umgesetzt wurde. Diese Technik verringert die systematischen Effekte bei Polarisationsmessungen drastisch und ermöglicht eine noch nie dagewesene Genauigkeit bei der absoluten Polarisation, was einen großen Vorteil gegenüber anderen Sonnenobservatorien darstellt. Diese Technik wurde auch von unserer Gruppe in Zusammenarbeit mit KIS bei GREGOR erfolgreich getestet, was IRSOL zu einer führenden Rolle in diesem Forschungsbereich verhilft.

Für die Beobachtung von Sonneneruptionen umfasst das Projekt gemeinsame Beobachtungen mit dem GCT, GREGOR und dem Spektrometer/Teleskop für abbildende Röntgenstrahlung (STIX) an Bord des Solar Orbiter.

Das Projekt umfasst auch eine Verbesserung des ZIMPOL-Spektropolarimeters in Zusammenarbeit mit der Abteilung für innovative Technologien (DTI) des SUPSI (Institut für Systeme und angewandte Elektronik).

Was könnten die Auswirkungen dieser Forschung auf nationaler und internationaler Ebene sein?

Dieses Projekt wird zur Entwicklung neuer Techniken beitragen, die von der neuen Generation von Teleskopen, wie dem Europäischen Sonnenteleskop (EST), genutzt werden können. Es gibt der Schweiz die Möglichkeit, eine wichtige Rolle auf der wissenschaftlichen Weltbühne zu spielen und die Zusammenarbeit innerhalb der wachsenden Gemeinschaft der Sonnenphysiker in der Schweiz zu fördern.

Zu den verschiedenen Zielen gehört die Verbesserung der Magnetfelddiagnosetechniken, die die Vorhersagefähigkeit von Weltraumwetterereignissen mit Auswirkungen auf die Erde verbessern könnten, sowie die Erstellung einer neuen Version des zweiten Sonnenspektrum-Atlasses, der die Variation von Zentrum zu Rand einschließt und zu einer neuen Referenz auf diesem Gebiet werden soll.

Mit diesem Projekt wollen wir eine weltweit führende Rolle in der Sonnenspektropolarimetrie beibehalten. Die von uns entwickelten Beobachtungstechniken sind für die neue Generation von Sonnenteleskopen wie das European Solar Telescope (EST) von Interesse. Das IRSOL beteiligt sich bereits mit seinem Know-how in der Polarimetrie an den Vorbereitungsarbeiten für das EST-Projekt (z.B. im Rahmen von H2020-SOLARNET mit der Entwicklung der Beobachtungstechnik, die schnelle und langsame Modulation kombiniert, um eine noch nie dagewesene absolute polarimetrische Präzision zu erreichen). Dank IRSOL haben Schweizer Institute und Unternehmen Zugang zu diesen wichtigen Projekten.

Das gemeinsame Flare-Beobachtungsprogramm mit der FHNW wird neue Synergien innerhalb der wachsenden Schweizer Sonnenforschungsgemeinschaft schaffen. Es wird auch den wissenschaftlichen Output der Solar Orbiter Mission in der Schweiz erhöhen.

Wir sind auch davon überzeugt, dass dieses Projekt interessante Ausbildungsmöglichkeiten bietet. Doktoranden und Postdoktoranden haben die Möglichkeit, ein faszinierendes und originelles Forschungsprojekt durchzuführen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Themen auch für Universitätsstudenten attraktiv sind, um kleine, genau definierte Teilprojekte durchzuführen. Interessante technische Projekte können auch an Studierende von Fachhochschulen vergeben werden. Viele anregende projektbezogene Themen eignen sich auch für Verbreitungsaktivitäten und werden in das Agora-Verbreitungsprojekt "The Sun" aufgenommen, dessen Finanzierung der SNF kürzlich bewilligt hat. Dieses Agora-Popularisierungsprojekt wird eine Ausstellung im Ideatorio der USI umfassen.