
In einer interdisziplinären Ringvorlesung des Collegium generale der Universität Bern greifen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachrichtungen und Institutionen im Herbstsemester 2022 die Frage «Was ist Bewusstsein?» auf. Was wissen wir, was wissen wir noch nicht, was können wir vielleicht niemals wissen?
Ignorabimus - wir werden es niemals wissen. Das meinte der Physiologe Emil du Bois-Reymond vor genau 150 Jahren zur Frage, wie Bewusstsein und Materie zusammenhängen. Inzwischen ist das Bewusstsein intensiv erforscht worden - und zwar in geisteswissenschaftlichen wie auch in naturwissenschaftlichen Studien. Bewusstsein wird immer differenzierter erzeugt, verändert und vermessen: in Traum und Tanz, mithilfe des Films oder der Sprache. Doch wichtige Fragen sind offen - und werden dieses Herbstsemester von der Collegium generale Ringvorlesung aufgegriffen: Lässt sich das subjektive Erleben erklären? Gibt es zufriedenstellende evolutionäre Erklärungen für die Entstehung von Bewusstsein? Können Pflanzen oder Maschinen Bewusstsein haben?
Das subjektive Erleben erklären
’Das eigene Bewusstsein gilt für viele Personen als unbestreitbare Grundlage der eigenen Identität. Dennoch geben Fragen des Bewusstseins mehreren wissenschaftlichen Disziplinen - allen voran der Philosophie, Psychologie, Neurowissenschaft und Biologie, aber auch der Rechtswissenschaft und Anthropologie - noch immer grosse Rätsel auf’, sagt Jens Schlieter, Co-Direktor des Instituts für Religionswissenschaft und Präsident des Collegium generale. In der Ringvorlesung sind Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen der Universität Bern, aber auch von internationalen Universitäten dazu eingeladen, in Vorträgen Bewusstsein aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln zu erläutern.
Mit einem Vortrag zum Rätsel des subjektiven Erlebens eröffnet der weltweit profilierte Philosoph und Kognitionsforscher Thomas Metzinger, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, am 21. September 2022 die Ringvorlesung. Dem Zusammenhang zwischen Kooperation und menschlicher Wahrnehmung widmet sich der ebenfalls international renommierte US-amerikanische Psychologe und Neurowissenschaftler Michael Tomasello, Duke University, in seinem Vortrag vom 16. November.
Programm der Ringvorlesung:
Das Rätsel des subjektiven Erlebens: Worin genau besteht das Problem des Bewusstseins?
Thomas Metzinger, Philosophie, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Collaborating to crack consciousness
Lucia Melloni, MPI für empirische Ästhetik, Frankfurt
5. Oktober 2022
In the Realm of Dreams
Dr. Leila Tarokh, Universitäre Psychiatrische Dienste (UPD), Universität Bern
12. Oktober 2022
Planta Sapiens: The New Science of Plant Sentience
Paco Calvo, Minimal Intelligence Lab, Universidad de Murcia
19. Oktober 2022
Bewusstseinserweiterung durch Psychedelika
Matthias Liechti, Klinische Pharmakologie, Universitätsspital Basel
26. Oktober 2022
Verkörperlichtes Bewusstsein - körperliches Selbst
Bigna Lenggenhager, Psychologie, Universität Konstanz

(Unrechts-)Bewusstsein im Strafrecht
Dr. Gian Ege, Strafrecht und Strafprozessrecht, Universität Zürich
Language and Social Consciousness
Erez Levon, Center for the Study of Language and Society, Universität Bern
Cooperation and Human Cognition
Michael Tomasello, Psychology and Neuroscience, Duke University
Die Erzeugung von Bewusstsein auf Maschinen - moderne Ketzerei oder Ingenieurkunst?
Ralf Otte, Automatisierungssysteme, Technische Hochschule Ulm
Bewusstes Nichtstun - ein Einblick in die Meditationsforschung
Stefan Schmidt, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
’Tomorrow was another day’:
Traum, Simulation und/oder Wachbewusstsein in Science Fiction-Filmen Stefanie Kreuzer, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft/Medienwissenschaft, Universität Kassel
Ausser sich sein - Choreomanie und religiöse Ekstase in Süditalien Michaela Schäuble, Sozialanthropologie, Universität Bern
Das detaillierte Programm der Ringvorlesung finden Sie im Flyer in den Downloads.
Weitere Informationen zu den Ringvorlesungen sehen Sie hier.