Ein Team der Universität Genf hat einen Schlüsselmechanismus für die Regulierung der Mikrotubuli, der internen Kommunikationswege unserer Zellen, identifiziert.
Krebs, degenerative Erkrankungen: Die Dysregulation der internen Kommunikationswege unserer Zellen ist die Ursache für zahlreiche Krankheiten. Mikrotubuli, mikroskopisch kleine Proteinfäden, spielen eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle dieser Austauschprozesse. Ihre Mechanismen sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Ein Team der Universität Genf hat einen neuen Prozess identifiziert, an dem zwei Proteine beteiligt sind und der ihr Wachstum steuert. Die Entdeckung dieses Mechanismus eröffnet völlig neue Perspektiven für die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden, die im Herzen der Zellen wirken können. Die Ergebnisse sind in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS ) zu finden.
So wie eine Stadt fließende Verkehrsnetze für ihren Austausch und ihre Entwicklung benötigt, brauchen Zellen interne mikroskopisch kleine ’Straßen’, um ihre Versorgung, ihr Wachstum und ihre Teilung zu gewährleisten. Diese ’Straßen’ werden als ’Mikrotubuli’ bezeichnet. Sie haben die Form von langen Proteinfilamenten, die das Skelett der Zelle bilden. Probleme bei der Regulierung der Mikrotubuli können Krankheiten wie Krebs und einige neurodegenerative Störungen verursachen.
Daher ist das Verständnis ihrer Funktionsweise - insbesondere der Mechanismen, die ihr Wachstum kontrollieren und regulieren - von entscheidender Bedeutung. Obwohl in den letzten 40 Jahren auf diesem Gebiet bedeutende Fortschritte erzielt wurden, führt die Komplexität dieses Systems immer noch zu intensiven Forschungsanstrengungen.
Zwei Schlüsselproteine
Die neuesten Arbeiten von Charlotte Aumeier, Assistenzprofessorin am Departement für Biochemie der wissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf, liefern neue Erkenntnisse über die Funktionsweise des Mikrotubulus. Sie zeigen, wie zwei spezifische Proteine, CLIP-170 und EB3, während des Wachstums des Mikrotubulus an der Spitze des Mikrotubulus eine Flüssig-Flüssig-Phasentrennung durchlaufen. Mit anderen Worten, diese beiden Proteine trennen sich vom flüssigen Zellmedium, um eine zweite flüssige Phase an der Spitze der Mikrotubuli zu bilden, ähnlich wie ein Öltropfen in Wasser.
Mikrotubuli sind dynamische Strukturen, die sich ständig aufbauen und wieder abbauen. Dieses Phänomen der Phasentrennung auf der Ebene des Mikrotubulus erhöht die Konzentration von Proteinen, einschließlich Tubulin, und stimuliert die Wachstumsgeschwindigkeit der Mikrotubuli erheblich, während es die Depolymerisationsereignisse, d.h. die Ereignisse, bei denen der Mikrotubulus zerfällt, reduziert’, erklärt Charlotte Aumeier, die letzte Autorin der Studie. Dieser Mechanismus scheint also die Dynamik der zellulären Mikrotubuli auf sehr konkrete Weise zu steuern.
Eine konzertierte Aktion
Julie Miesch, Doktorandin im Labor von Charlotte Aumeier und Erstautorin der Studie, erklärt: "Es ist die Synergie zwischen CLIP-170 und EB3, die die Regulierung des Mikrotubuli-Wachstums durch einen Mechanismus der Flüssig-Flüssig-Phasentrennung gewährleistet". CLIP-170 weist einzeln betrachtet keine Interaktion mit Tubulin auf. EB3 wiederum kann zwar mit Tubulin interagieren, bildet aber nur winzige Aggregate auf der Oberfläche. Durch das Zusammenspiel dieser beiden Proteine kann die Wachstumsgeschwindigkeit des Mikrotubulus lokal reguliert werden.
Die Rolle dieser beiden Proteine konnte anhand von in vitro- und anschließend in cellulo-Messungen mithilfe einer Kombination aus zwei Methoden, der internen Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie und der konfokalen Hochdurchsatzmikroskopie, die an der Universität Genf innerhalb der ACCESS GENEVA-Plattform zur Verfügung steht, beobachtet werden.
Diese Ergebnisse weisen auf eine neue Regulierungsebene bei der Kontrolle der Mikrotubuli-Dynamik hin. Diese ermöglicht die Vorstellung neuer Ziele bei der Entwicklung neuer Krebstherapien. Dieser Durchbruch verspricht, unser Verständnis und unsere Fähigkeit, im Herzen der zellulären Prozesse zu agieren, noch weiter zu erweitern.
5. Sept. 2023