Wenn Betroffene ihr Schicksal in die Hand nehmen

Wenn Betroffene ihr Schicksal in die Hand nehmen

In der ersten gesamtschweizerischen Studie «Gemeinschaftliche Selbsthilfe in der Schweiz» hat ein gemeinsames Forschungsteam der Universität Lausanne und der Hochschule Luzern die aktuelle Situation der Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen in der Schweiz untersucht. Im Auftrag der Stiftung Selbsthilfe Schweiz werden insbesondere Bedeutung, Nutzen und Grenzen der Selbsthilfe aufgezeigt.

Die Studie zeigt, seit der Gründung des ersten Selbsthilfezentrums 1981 in Basel ist die Selbsthilfebewegung in der Schweiz markant gewachsen. Die Datenbank von Selbsthilfe Schweiz erfasst heute über 2500 Selbsthilfegruppen zu 280 verschiedenen Themen. Schätzungsweise 43`000 Personen nehmen regelmässig an einer Selbsthilfegruppe teil. Drei Viertel dieser Gruppen gehört zum Gesundheitsbereich, ein Viertel beschäftigt sich mit sozialen Themen. Körperliche Krankheiten betreffen 40 Prozent der Gruppen, Suchtprobleme 20 Prozent und psychische Krankheiten 17 Prozent.

Positive Wirkung nachgewiesen

Das Forschungsteam hat zudem Wirkungen und Grenzen die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe untersucht: Durch die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe fühlen sich die Mitglieder besser, haben weniger Schuldgefühle und fühlen sich mit einer schwierigen Situation nicht allein gelassen. Praktische Lösungen können gefunden werden. Für einige bedeutet die Teilnahme auch, die Situation selbst in die Hand zu nehmen und sie nicht einfach zu erleiden. Die Beteiligung hat auch eine positive Wirkung auf die Beziehung mit Angehörigen, Gruppenmitgliedern und Fachpersonen.

Handlungsempfehlungen an Politik und weitere Akteure

Weiter wurde die Organisation und Ressourcen der Selbsthilfezentren und der Stiftung Selbsthilfe Schweiz und ihre Vernetzung mit Institutionen des Sozialund Gesundheitswesens analysiert und Handlungsempfehlungen an Politik und andere Akteure formuliert. Es zeigt sich, Selbsthilfe Schweiz und die Selbsthilfezentren stellen als Drehscheibe für Betroffene, Angehörige und Selbsthilfegruppen eine wichtige Funktion für die Verbreitung der Selbsthilfebewegung in der Schweiz dar. Die vertiefte Zusammenarbeit von Selbsthilfe Schweiz und den Selbsthilfezentren mit Gesundheitsinstitutionen sollte eine wichtige Rolle zur Stärkung von Betroffenen einnehmen - insbesondere bei seltenen oder tabuisierten Themen (wie z. B. psychische Krankheiten). Wichtig sind darüber hinaus eine bessere gesetzliche Verankerung der gemeinschaftlichen Selbsthilfe in der Schweiz sowie eine längerfristige Finanzierung der regionalen Selbsthilfezentren.

Erste gesamtschweizerische Studie zu Selbsthilfegruppen

Verfasst haben die Studie «Gemeinschaftliche Selbsthilfe in der Schweiz» Lucia M. Lanfranconi und Jürgen Stremlow vom Departement Soziale Arbeit der Hochschule Luzern sowie Dr. Hakim Ben Salah und René Knüsel von der Universität Lausanne, Institut des sciences sociales im Auftrag der Stiftung Selbsthilfe Schweiz. Dazu wurde u. a. die zentrale Datenbank von Selbsthilfe Schweiz ausgewertet sowie über 1000 Teilnehmende von Selbsthilfegruppen aus allen Landesteilen, die Leiterinnen von Selbsthilfe Schweiz und allen schweizerischen Selbsthilfezentren und weitere Fachpersonen aus dem Gesundheitsund Sozialwesen befragt. Literaturhinweis: Gemeinschaftliche Selbsthilfe in der Schweiz. Bedeutung, Entwicklung und ihr Beitrag zum Gesundheitsund Sozialwesen. Von L. M. Lanfranconi, J. Stremlow, H. Ben Salah, R. Knüsel. Bern: Hogrefe, August 2017.

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Co-Autor und Leiter Institut Sozialmanagement, Sozialpolitik und Prävention, Hochschule Luzern

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Co-Autor, Universität Lausanne

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