Wissenschaftler der EPFL haben eine innovative Technik entwickelt, bei der Licht eingesetzt wird, um Bakteriophagen zu manipulieren und zu identifizieren, ohne dass chemische Marker oder Biorezeptoren benötigt werden. Diese Technik könnte die Phagen-Therapien, mit denen antibiotikaresistente bakterielle Infektionen behandelt werden können, beschleunigen und revolutionieren.
Angesichts der Antibiotikaresistenz, die eine schreckliche Bedrohung für unsere Gesundheit darstellt, sind Wissenschaftler ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten zur Behandlung bakterieller Infektionen. Da eine wachsende Zahl von Bakterienstämmen die Medikamente austrickst, denen wir seit Jahrzehnten vertrauen, könnte eine alternative Lösung in Bakteriophagen gefunden werden, bei denen es sich um Viren handelt, die Bakterien angreifen.
Die Phagentherapie, also der Einsatz von Bakteriophagen zur Bekämpfung bakterieller Infektionen, gewinnt als praktikable Alternative zu herkömmlichen Antibiotika zunehmend an Attraktivität. Es gibt jedoch ein Problem: Die Suche nach dem richtigen Phagen für eine bestimmte Infektion gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, während die derzeitigen Methoden mühsame Kulturen und langwierige Tests erfordern.
Vor kurzem haben Wissenschaftler der EPFL in Zusammenarbeit mit dem CEA in Grenoble und dem Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV) Nanodünnschichten auf einem Chip entwickelt, die Bakterien und Virionen (die infektiöse Form eines Virus) mit minimaler optischer Leistung einfangen und manipulieren können. Die Studie, die von Nicolas Villa und Enrico Tartari aus dem Team von Romuald Houdré an der EPFL geleitet wurde, wurde in der Zeitschrift Small veröffentlicht .
Nanopinzetten sind eine Art "optische Pinzette". Sie verwenden einen stark fokussierten Laserstrahl, um mikroskopisch kleine (z. B. Virionen) und sogar submikroskopische Objekte wie Atome dreidimensional zu halten und zu manipulieren. Das Licht erzeugt eine Gradientenkraft, die die Partikel zu einem hochintensiven Fokuspunkt zieht und sie ohne physischen Kontakt effektiv an Ort und Stelle hält.
Optische Pinzetten wurden 1986 von dem Physiker Arthur Ashkin erfunden, der die Prinzipien dafür in den späten 1960er Jahren entwickelt hatte. Für Ashkins technologische Innovation wurde ihm 2018 der Nobelpreis für Physik verliehen. Optische Pinzetten sind nach wie vor ein intensives Forschungsgebiet.
Es gibt verschiedene Arten von optischen Pinzetten. Zum Beispiel können optische Freiraumgreifer ein Objekt in einer offenen Umgebung wie Luft oder einer Flüssigkeit ohne physische Barrieren oder lichtleitende Strukturen manipulieren. In dieser Studie haben die Forscherinnen und Forscher jedoch Nanopinzetten geschaffen, die in ein optofluidisches Gerät integriert sind, das mit optischen und fluidischen Technologien auf einem einzigen Chip ausgestattet ist.
Der Chip enthält Hohlräume aus photonischem Kristall auf Siliziumbasis - die Nanopinzetten, die im Wesentlichen winzige Fallen sind, die die Phagen mithilfe eines durch Licht erzeugten Kraftfelds sanft in Position schieben. Das System ermöglichte es den Forscherinnen und Forschern, Bakterien und Virionen genau zu kontrollieren und in Echtzeit Informationen über die gefangenen Mikroorganismen zu erhalten.
Dieser Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er die verschiedenen Arten von Phagen unterscheidet, ohne chemische Marker oder Oberflächen-Biorezeptoren zu verwenden, was zeitaufwendig und manchmal ineffizient sein kann. Stattdessen unterscheiden die Nanopinzetten die Phagen, indem sie die einzigartigen Veränderungen "lesen", die jedes Partikel in den Eigenschaften des Lichts verursacht. Die markerlose Methode ermöglicht eine wesentlich schnellere Auswahl therapeutischer Phagen, was kürzere Zeiträume für potenzielle Phagenbehandlungen verspricht.
Diese Forschung hat auch Auswirkungen, die über die Phagentherapie hinausgehen. Die Möglichkeit, Virionen in Echtzeit zu manipulieren und zu untersuchen, eröffnet neue Wege in der mikrobiologischen Forschung und gibt Wissenschaftlern ein leistungsfähiges Werkzeug für schnelle Tests und Experimente an die Hand. Dies könnte zu einem besseren Verständnis der Viren und ihrer Interaktionen mit den Wirten führen, was im ständigen Kampf gegen Infektionskrankheiten von unschätzbarem Wert ist.
Referenzen
Nicolas Villa, Enrico Tartari, Simon Glicenstein, Hugues de Villiers de la Noue, Emmanuel Picard, Pierre R. Marcoux, Marc Zelsmann, Grégory Resch, Emmanuel Hadji, Romuald Houdré. Optical Trapping and Fast Discrimination of Label-Free Bacteriophages at the Single Virion Level. Small 28 January 2024. DOI: 10.1002/smll.202308814