
Obwohl Fahrpläne und Pünktlichkeit ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaften sind, war dies nicht immer so. Dies zeigt Catherine Herr-Laporte, Doktorandin am Lehrstuhl für Technikgeschichte, die sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit zum Thema Zeit und Mobilität mit der Entwicklung des Postverkehrs in Frankreich während des gesamten 18. Jahrhunderts befasst hat. In ihrer Arbeit erfährt man, warum Geschwindigkeit auf sozialer, politischer und wirtschaftlicher Ebene zu einem Thema wurde. Und wie die zeitliche Koordination zur Entstehung eines neuen Zeitbewusstseins beitrug - eben jenes Zeitbewusstseins, das die Grundlage für den modernen Staat legte.
Lange Zeit wurde das Aufkommen der Eisenbahn im 19. Jahrhundert als eine Revolution im Transportwesen angesehen. Catherine Herr-Laporte erinnert jedoch gleich zu Beginn daran, dass die Geschwindigkeit bereits im 18. Benjamin Franklins Ausspruch " Zeit ist Geld" war damals genauso wahr wie heute", sagt sie. Es waren die gleichen politischen und wirtschaftlichen Gründe, die hinter dem Wunsch nach Schnelligkeit steckten. ’
Zunächst interessierte sie sich für den technischen Fortschritt bei Straßeninfrastrukturen, Fahrzeugen und Uhren.Im Laufe ihrer Forschungen stellt sie nach und nach fest, dass nicht diese Innovationen, sondern das Organisationssystem und die zeitliche Koordination den Zeitgewinn ermöglicht haben. Um dieses Ziel der Geschwindigkeit zu erreichen, ist die Tätigkeit der Postverwaltung im Laufe des 18. Jahrhunderts von zahlreichen Versuchen geprägt, ihre Dienste zu organisieren und zu koordinieren. So wurden die Reisen in Stunden und nicht mehr in Kilometern gemessen. ’ Der Landverkehr ist einer der Bereiche, in denen sich langsam eine neue Auffassung von Zeit herausbildet: Sie ist nicht mehr nur eine Dauer, sondern wird zum Fahrplan, d. h. zu einer gemessenen Zeit, die immer genauer wird. Und Zeitpläne mit ihren Fristen und Normen werden nur dann funktionieren, wenn sich alle daran halten: Das ist das Aufkommen der Pünktlichkeit. ’
Um ihre Forschungen durchzuführen, hat sich Catherine Herr-Laporte mit der französischen Postverwaltung befasst. ’ Das Land eignete sich besonders gut für die Entwicklung dieses Themas, da die Postverwaltung dort bereits im 18. Jahrhundert zentralisiert wurde. Die Suche nach Lösungen zur Beschleunigung des Transports wurde also landesweit gedacht, was die Untersuchung dieser Mechanismen erleichterte. Um ihre Forschungen zu untermauern, erweiterte die Historikerin ihr Untersuchungsgebiet auf einige Schweizer Kantone, mit denen Frankreich ständig wechselte.regelmäßig wechselte, sowie auf England, das über eine Postinstitution verfügte, die ähnlich wie das französische System funktionierte. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede ermöglichten mir ein besseres Verständnis der Logik, die auf französischem Gebiet am Werk war. ’
Catherine Herr-Laporte, être à l’heure: une histoire de la coordination temporelle dans les transports terrestres en France au cours d’un long XVIII e siècle, 2022